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Zwischen Klimaaktivismus und Politik: Das kann Design!

Was kann Design? Mit dieser Frage haben wir Designer*innen im Frühjahr 2021 aller Branchen aufgerufen, ihre Antworten als gestaltetes Plakat einzureichen. Unter dem Titel Das kann Design! stellten wir die Statements von rund 40 Designer*innen aus. Linda Rammes war eine von ihnen. Sie ist Kommunikationsdesignerin, Designforscherin und Gründerin des Online-Magazins FURORE, das Klimaproteste sichtbar macht. Wir haben Linda gefragt, was Design kann und wie sie sich über Design zur Klimakrise positioniert.

 

Isabel Neuendorf: Warum ist es eine spannende Zeit, um jetzt Designer*in zu sein?

Linda Rammes: Wir stehen vor großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen. Dabei befinden wir uns vor der Herausforderung, ein Bewusstsein sowie Lösungen für die ökologische Krise zu schaffen und nachhaltige Lebensweisen attraktiv zu machen. Design spielt eine wichtige Rolle, da es Aufmerksamkeit für Themen generieren und Impulse für spezifische Verhaltens- und Lebensweisen gestalten kann.

Wie reagiert deiner Meinung nach die Design-Branche auf die ökologische Krise?

Leider trägt noch eine Vielzahl von Designer*innen mit ihren Arbeiten zu ökologischen Zerstörungen und sozialen Ungerechtigkeiten bei, indem ihr Design zu egoistischen, dekadenten und verantwortungslosen Verhaltensweisen verleitet. Ich unterstelle der Design-Branche keine grundsätzliche Zerstörungsabsicht. Vielmehr befinden sich viele Designer*innen in einer Abhängigkeit zu Kund*innen, deren Geschäftsmodelle auf einer expansiven und zerstörerischen Wirtschaftsweise basieren. Um die Klimakrise bekämpfen zu können, müssen wir nachhaltige Alternativen zu dieser Wirtschaftsweise entwickeln. Gleichzeitig bleibt die Frage, wie sich Designer*innen aus dieser Abhängigkeit befreien können. Klimaschädliche Geschäftsmodelle sind aktuell noch profitbringend und bezahlen viele Designer*innen angemessen. Daraus resultiert der Eindruck, dass Design vor allem klimaschädliche Produkte stärkt. Natürlich gibt es auch Designer*innen, die das Gegenteil beweisen und für Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit arbeiten – nur existieren in diesem Bereich weniger gut bezahlte Jobs. Viele können verantwortungsbewusstes Design nur machen, wenn sie Projekte selbst initiieren und oft auf Bezahlung verzichten.

Welche Veränderungen sind notwendig, damit sich mehr Designer*innen gegen die Klimakrise engagieren können?

Ich denke, dass die Design-Branche mehr Anreize benötigt, die nachhaltiges und soziales Design ermöglichen. Etwa durch mehr finanzielle Förderungsprogramme und Designpreise, die vor allem hinsichtlich ökologischer und sozialer Kriterien vergeben werden. Gleichzeitig sehe ich Designverbände in der Pflicht, Wettbewerbe kostengünstig für Non-Profit-Projekte zu öffnen und keine Auszeichnungen mehr an Arbeiten zu verleihen, die klimaschädliche Produkte bewerben.

Du hast bereits die Klimakrise angesprochen. Wie stehen sich denn Design und Politik gegenüber?

Design nimmt politischen Einfluss, da es bestimmte Akteur*innen stärkt und zu der Verteilung von Macht beiträgt. 

Design passiert nicht im luftleeren Raum: Nie steht es mit seiner Ästhetik und Funktionalität für sich allein.

Es erzählt immer etwas über das Leben und die Gesellschaft. Design kann zu Lebensweisen anregen, die von verschiedenen politischen Vorstellungen geprägt sein können. So kann es z.B. ein egalitäres, elitäres, libertäres, autoritäres, kollektivistisches, individualistisches, progressives oder konservatives Denken und Handeln attraktiv machen. Politisch ist es immer, da es für Vorstellungen wirbt von denen bestimmte Akteur*innen profitieren. Design ergreift immer Partei und prägt damit Machtverhältnisse. 

Was heißt das für deine Arbeit?

Als Designer*in mache ich mir vor allem zwei Punkte bewusst. Erstens frage ich mich: Welche Vorstellungen und gesellschaftliche Erzählungen sind mit meiner Arbeit verbunden? Meine Gestaltung kann noch so ästhetisch gelungen sein, sie kann dennoch ein Narrativ referenzieren, welches ich politisch nicht vertreten möchte. Zudem frage ich mich, ob meine Gestaltung diskriminierend wirken kann, indem es z.B. eine patriarchische, sexistische oder rassistische Erzählung transportiert. Der zweite Punkt betrifft die Frage: Wer profitiert von meiner Arbeit?  

Was genau meinst du damit?

Ich reflektiere die aktuellen politischen Machtverhältnisse, schaue welche Stimmen über- oder unterrepräsentiert sind und wie meine Arbeit Einfluss auf das Machtgefüge nehmen könnte. Für eine funktionierende Demokratie ist ein gleichberechtigtes Ringen zwischen diversen Stimmen grundlegend, sodass ich keine Stimmen stärken würde, die andere verdrängen wollen. Ich mache mir bewusst, welche Akteur*innen auch meine Interessen vertreten oder mit welchen ich mich verbünden möchte.

Du hast bereits die Klimakrise angesprochen. Warum ist dir dieses Thema so wichtig und wie positionierst du dich als Designer*in?

Ich beziehe durch das Online-Magazin FURORE, das ich Anfang 2021 gegründet habe, Partei für Klimaaktivist*innen. Ich mache mir Sorgen darüber wie die Klimakrise mein Leben in 20 Jahren verändert. Der öffentliche Diskurs ist mit Verharmlosungen von wissenschaftlichen Fakten dominiert und noch immer wird zu wenig über die Bedrohung durch die Klimakrise berichtet. Viele haben das Problem nicht erkannt. In diese asymmetrischen Verhältnisse möchte ich mit FURORE intervenieren. Ich möchte meine Arbeit dafür einsetzen, den gesellschaftlichen Diskurs mit kritischen Stimmen zu prägen und ein Bewusstsein für die Klimakrise zu schaffen.

Credit Plakate: Linda Rammes

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